Berlin-Brandenburger Exportwirtschaft unter Druck
IHK-Außenwirtschaftskonferenz: Folgen des Ukraine-Kriegs, politisches Risikomanagement im Auslandsgeschäft, EU-Handelsabkommen und grenzüberschreitender Online-Handel auf der Tagesordnung
Potsdam, 21. Juni 2022. Exportierende Unternehmen stehen aktuell vielfach unter Druck. Welche Chancen Betriebe im Ausland dennoch haben und wie sie sich wappnen können, thematisiert die 18. Außenwirtschaftskonferenz der Industrie- und Handelskammern (IHK) in Berlin-Brandenburg. Gemeinsam laden sie interessierte Unternehmen und Medienvertreter am 29. Juni von 10 bis 18 Uhr kostenfrei in die IHK Potsdam, Havelsaal, Breite Straße 2 a–c, ein.
„Wir freuen uns, dass hier alljährlich wichtige Akteure aus Politik, Wissenschaft und der Berlin-Brandenburger Exportwirtschaft zusammenkommen und sich über aktuelle Herausforderungen austauschen. Noch im Frühjahr 2021 waren die Unternehmen laut unserer Konjunkturumfrage optimistisch, dass die Auslandsgeschäfte wieder deutlich zunehmen. Diese Zuversicht haben internationale Krisen wie die Corona-Pandemie, Kriege, Wirtschaftssanktionen, blockierte Seewege, Strafzölle, explodierende Rohstoff- und Energiepreise und Lieferkettenprobleme extrem schrumpfen lassen“, sagt Peter Heydenbluth, Präsident der IHK Potsdam als Sprecher für die IHK-Landesarbeitsgemeinschaft Berlin-Brandenburg. Unternehmensstrategien müssten fortlaufend überprüft werden. „Wichtiger denn je ist, sich vor Risiken im Auslandsgeschäft besser zu schützen und langfristig stabile Lieferketten aufzubauen. Wie die Unternehmen diesbezüglich agieren, darüber gibt diese Veranstaltung nützliche Einblicke“, ergänzt Heydenbluth.
Im Vorfeld der Konferenz unterstrich Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach vor dem Hintergrund der globalen Krisen, wie wichtig die Diversifizierung von Lieferketten sei. „Angesichts zunehmender Risiken gilt es einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden und die Situation bei Lieferanten vorausschauend im Blick zu haben, um Lieferketten stabil und widerstandsfähig zu halten“, sagte Steinbach. Der Minister rief die Unternehmen dazu auf, in diesem Zusammenhang auch die vom Land angebotene Beratungsförderung sowie Informationsmöglichkeiten durch Kammern, Wirtschaftsförderung Brandenburg und andere Akteure der Außenwirtschaftsförderung zu nutzen.
Michael Biel, Staatssekretär der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe macht deutlich: „Berlin kämpft - ebenso wie die anderen europäischen Staaten - aktuell mit fundamentalen, wenngleich sehr unterschiedlichen Krisen: dem Klimawandel, Corona und dem Russischen Krieg gegen die Ukraine. Die internationale Zusammenarbeit mit unseren Partnern ist dabei eine tragende Säule. Das von uns finanzierte Back-to-Global Projekt von Berlin Partner führt Berliner Unternehmen, die unter den fehlenden Kontakten in der Pandemie stark gelitten haben, mit acht Delegationsreisen wieder auf die relevanten Märkte zurück. Außerdem arbeiten wir mit unseren Partnern in der Welt an globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Umweltverschmutzung und der nachhaltigen Stadtentwicklung. Hier sind vor allem unsere Auslandsbüros in New York und Peking sowie unsere Netzwerkprojekte in Asien, Afrika und Europa von großer Bedeutung."
Vorträge, Workshops und Beratungsangebote
Auf der Agenda stehen Vorträge und Workshops u. a. zum Umgang mit den Folgen des Ukraine-Kriegs, zum politischen Risikomanagement im Auslandsgeschäft sowie zum EU-Handelsabkommen und grenzüberschreitenden Online-Handel. Individuelle Beratungsangebote gibt es von Vertretern der Zollämter und unterschiedlicher Auslandshandelskammern. Auch sogenannte „Business-Scouts for Development“ informieren zum Markteinstieg in Schwellen- und Entwicklungsländern und über das Förder- und Kooperationsangebot des Bundesentwicklungsministeriums. Weitere starke Partner fürs Auslandsgeschäft präsentieren sich im Ausstellerbereich wie z. B. der Berliner Senat, Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH, Enterprise Europe Network Berlin-Brandenburg, Wirtschaftsförderung Land Brandenburg, Berlin Partner, Bundesverband Onlinehandel e.V. und Euler Hermes.
Die Begrüßung übernehmen neben IHK-Präsident Peter Heydenbluth, der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach, sowie Michael Biel, Staatssekretär Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Den Keynote-Vortrag „Neue Geopolitik - Gefahr für Handel und Wirtschaft?“ hält Bundestagsmitglied Dr. Norbert Röttgen, (CDU/CSU), Ordentliches Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages und früherer Bundesumweltminister.
Zahlen und Fakten
Die Exporterwartungen der Industrie lagen in der gemeinsamen IHK-Konjunkturumfrage Berlin-Brandenburg zu Jahresbeginn im Saldo noch bei plus 12 Prozentpunkten, in der Frühjahrsumfrage im Mai rutschte dieser bereits deutlich auf minus 19 Prozentpunkte ab.
Laut amtlicher Statistik sind die Ausfuhren im Januar bis März 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum in Brandenburg um 25,9 Prozent gestiegen und in Berlin leicht um 1,3 Prozent gesunken. Diese Entwicklung ist auf die enorme Preisentwicklung zurückzuführen. In Anbetracht der Lage ist davon auszugehen, dass die Exportgeschäfte weiter verhalten verlaufen.
Nach wie vor spielen die Länder der Europäischen Union sowie weitere europäische Länder für die Exporttätigkeit der Brandenburger Unternehmen die wichtigste Rolle. Allerdings verschieben sich die Interessen: Entferntere Zielmärkte sowie Länder, die als nicht einfach zu erschließen und zu bearbeiten gelten, geraten zunehmend in den Fokus der Unternehmen. Avisiert werden dabei verstärkt die Regionen Mittel- und Südamerika, Subsahara-Afrika, Australien und Ozeanien sowie der Nahe Osten und Nordafrika. Einher geht ein zunehmendes Interesse an einem außenwirtschaftlichen Engagement in Entwicklungs- und Schwellenländern.