Steinbach: Energiewende gelingt nur mit Sektorenkopplung
Experten diskutieren beim 21. Energietag über energiepolitische Herausforderungen
Cottbus, 24. Mai 2019. „Die Energiewende ist nicht allein eine Stromwende. Vielmehr müssen alle Bereiche, in denen Energie erzeugt, transportiert oder verbraucht wird, miteinander verzahnt werden, um die jeweiligen Potenziale bestmöglich nutzen und kombinieren zu können. Wir müssen vor allem den Wärme- und auch den Verkehrsmarkt einbeziehen, um die Probleme des Strommarktes lösen zu können. Die Kopplung dieser drei Sektoren ist nicht die Universallösung für die beschriebenen Probleme, sie stellt aber ein wesentliches Element zur Steuerung und damit zur Beherrschung der Herausforderungen dar. Ohne Sektorenkopplung kann eine Energiewende nicht gelingen.“ Das sagte Wirtschafts- und Energieminister Jörg Steinbach heute beim 21. Brandenburger Energietag in Cottbus. Bei der vom Energieministerium zusammen mit der Industrie- und Handelskammer Cottbus organisierten Veranstaltung diskutierten rund 350 Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung über aktuelle energiepolitische Herausforderungen. Im Mittelpunkt stand in diesem Jahr das Thema „Die Bedeutung der Sektorenkopplung für die Energiewende“.
Podiumsdiskussion mit Dr. Helmar Rendez (Vorstandschef Leag)
Die Sektorenkopplung ist ein Instrument, um aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom im Gas-, Wärme- und Verkehrssektor zu nutzen. Sektorkopplung bietet die Möglichkeit, überschüssigen Strom aufzunehmen, zu speichern und je nach weiterer Verwendung wieder in das Elektroenergieversorgungsnetz einzuspeisen. Daher werden die Themen „Verkehrswende in Brandenburg“ und „Energie für den Strukturwandel“ in zwei Fachforen vertieft behandelt
Marcus Tolle, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Cottbus, erklärte: „Die Energieversorgung der Zukunft verlangt nach smarten und flexiblen Lösungen. Die Südbrandenburger Wirtschaft kann mit ihrem Wissen im Energiesektor und innovativen Geschäftsmodellen, die jetzt entstehen, weiterhin einen wichtigen Beitrag zur sicheren Energieversorgung Deutschlands leisten. Voraussetzung dafür ist eine noch engere Verzahnung zwischen Forschung und Wirtschaft in der Lausitz. Außerdem müssen die finanziellen Mittel für die Strukturentwicklung schnell in die Wertschöpfungsketten der Lausitz fließen, nachdem das Gesetzgebungsverfahren angestoßen wurde. Sowohl ansässige Unternehmen als auch mögliche Investoren benötigen jetzt Planungssicherheit.“
Marcus Tolle (Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Cottbus)
Die amtierende Präsidentin der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, Christiane Hipp, erklärte: „An der BTU Cottbus-Senftenberg arbeiten wir an Lösungen für die Energieversorgung von morgen. In unserem profilbildenden Forschungsschwerpunkt Energie-Effizienz und Nachhaltigkeit entwickeln wir innovative Lösungen für die Energiewende. Im Mittelpunkt stehen insbesondere Technologien, die nicht nur im Stromsektor, sondern auch in den Bereichen Wärme, Kälte und Verkehr fossile Energieträger durch Erneuerbare Energien ersetzen. Das Themenspektrum an der BTU reicht von der energetischen Optimierung industrieller Prozesse über Speichertechnologien bis hin zur energieeffizienten Mobilität. Gemeinsam mit Brandenburger Unternehmen leisten wir mit diesen und weiteren Themen einen Beitrag für eine erfolgreiche Energiewende und die Erreichung der Klimaziele.“
Verleihung des Sonderpreises an die Stadtwerke Neuruppin GmbH
Brandenburger Energieeffizienzpreis
Minister Steinbach hat im Rahmen des Energietages den Brandenburger Energieeffizienzpreis verliehen. Den Wettbewerb hatte das Ministerium gemeinsam mit der Landesgruppe Berlin-Brandenburg des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) zum mittlerweile vierten Mal ausgelobt. Die drei Preisträger erhalten ein vom Ministerium bereitgestelltes Preisgeld von je 5.000 Euro.
Unternehmenspreis
Der Unternehmenspreis geht die Swiss Krono GmbH, Bestandteil der weltweit agierenden Swiss Krono Group. An zehn Standorten in acht Ländern fertigt der Schweizer Konzern Holzwerkstoffe. Die Swiss Krono GmbH fertigt am Standort Heiligengrabe mit rund 850 Mitarbeitern Faserplatten, Grobspanplatten (sogenannte OSB-Platten) und Laminat.
Von links nach rechts: Prof. Katharina Löwe (Juryvorsitzende), Tino Wolter (Einkaufsleiter, Swiss Krono GmbH), Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, Julian Büche (VKU-Geschäftsführer der Landesgruppe Berlin/Brandenburg)
Ausgezeichnet wird die Firma für das innovative Konzept zur Abwärmenutzung eines Biomasseheizkraftwerkes für die OSB-Trocknung in Heiligengrabe. Das System ermöglicht, Niedertemperatur-Abwärme aus dem Biomassekraftwerk, die ansonsten nicht nutzbar wäre, in Verbindung mit einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage soweit aufzuwerten, dass sie als Prozesswärme zur Trocknung verwendet werden kann. Das Unternehmen hat die Investition getätigt, obwohl die geplante Amortisationszeit zum Zeitpunkt der Planung 6,6 Jahre betrug. Tatsächlich beträgt sie jetzt aufgrund der gestiegenen Handelspreise von Erdgas und CO2-Zertifikaten noch 5,6 Jahre.
Sonderpreis
Der Sonderpreis geht an die Stadtwerke Neuruppin GmbH. Ausgezeichnet wird das Unternehmen für das sektorenübergreifende und CO2-neutrale Wohngebiet „WoMeNa“ Neuruppin.
Von links nach rechts: Dr. Ulrich Müller (Jurymitglied, Ehrenpräsident IHK Ostbrandenburg), Prof. Katharina Löwe (Juryvorsitzende, TH Brandenburg), Frank Borchert (WBG Neuruppin eG "Karl Friedrich Schinkel" ), Guido Gerlach (Vertriebsleiter, Stadtwerke Neuruppin), Dieter Hermann (Heizungsbau Hermann), Joachim Zindler (Technischer Direktor der Stadtwerke Neuruppin), Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, Julian Büche (VKU-Geschäftsführer der Landesgruppe Berlin/Brandenburg)
Im Fokus stehen Nachhaltigkeit und eine Symbiose aus Wohnen, Mensch und Natur. Der Bezug des fertiggestellten Baufeldes BF 1.16 begann im November 2018. Das gelang nur in guter Kooperation mit der Wohnungsbaugenossenschaft WBG Neuruppin e.G. Karl Friedrich Schinkel.
In der energetischen Umsetzung des Projektes werden die Sektoren Strom, Wärme und Mobilität als Ganzheit betrachtet. So werden alle Mieter mit Strom aus dezentralen Photovoltaikdachanlagen einschließlich Stromspeicher im Rahmen eines Mieterstrommodells versorgt. Das Herzstück des Projekts ist die Vernetzung der Gebäude, denn im Gebäudeverbund wird die Nachhaltigkeit und Energieeffizienz des Gesamtsystems ausgebildet. Die Wärmeversorgung innerhalb jedes einzelnen Gebäudes basiert auf fünf Säulen: der thermischen Solaranlage, der Abluft- und Wärmepumpe, dem eTank, der intelligenten Heizzentrale jedes Gebäudes (als Bindeglied zwischen den einzelnen Komponenten) sowie dem Wärmeverteil- und Übergabesystem.
Kommunenpreis
Der Kommunenpreis geht an die Gemeinde Niederer Fläming, vertreten durch das Amt Dahme/Mark. In der Gemeinde Niederer Fläming entstand vor zwei Jahren am Standort der Grundschule in Werbig ein „Campus der Generationen“.
Von links nach rechts: Torsten Braune (Projektleiter), Kathleen Schmidt (stellvertr. Abteilungsleiterin Klimaschutz), David Kaluza (Amtsleiter), Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, Julian Büche (VKU-Geschäftsführer der Landesgruppe Berlin/Brandenburg)
Es wurden unter anderem eine Photovoltaik-Anlage installiert, die Heizungsanlage erneuert und ein Heizungspufferspeicher eingebaut. Dadurch wird ein energetischer Wert erreicht, der die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) deutlich übertrifft (In der EnEV sind die energetischen Anforderungen an Gebäude, die beheizt oder klimatisiert werden, festgelegt).
Durch die Entwicklung des „Campus der Generationen“ konnte sowohl der Standort als Grundschule erhalten als auch das darin angegliederte Gemeindezentrum mit Kindertagesstätte, Verwaltung und medizinischen Einrichtungen erweitert werden.
Angebote zur Daseinsvorsorge sind so zentral an einem Ort kombiniert und Betreuungsangebote für Jung und Alt vorhanden. Der energetische Ansatz wurde mit dem Bildungsauftrag verknüpft. Das Projekt ist Vorbild für andere Gemeinden in Brandenburg. Durch die Investitionen werden jährlich mehr als 16.000 Euro eingespart.