Gerber fordert mehr Ehrlichkeit in Klimaschutzdebatte
Wirtschaftsminister beim Branchentag des Windenergie-Verbandes in Potsdam
Potsdam, 13. Juli 2017. „Brandenburg gehört zu den Vorreitern beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir haben pro Kopf die höchste installierte Windenergieleistung aller Bundesländer. Anderswo hat die Energiewende gerade erst begonnen. In Brandenburg sind wir da schon ein großes Stück weiter. Aber noch können die erneuerbaren Energien alleine keine sichere und zuverlässige Energieversorgung gewährleisten. Solange es an Netzen und Speichern hapert, können wir auf konventionelle Energieträger nicht verzichten.“ Das sagte Wirtschafts- und Energieminister Albrecht Gerber heute beim Branchentag der Erneuerbare Energie des Bundesverbandes Windenergie in Potsdam. Die Energiewende werde nur dann ein Erfolg, wenn Deutschland ein starker Industriestandort bleibe, betonte Gerber: „Daher muss Klimaschutz Hand in Hand gehen mit der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie.“
Die erneuerbaren Energien seien bereits ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Brandenburg, verbunden mit einer Vielzahl neu geschaffener Arbeitsplätze, sagte Gerber. „Und ich bekenne mich auch ganz klar zur Notwendigkeit, unser Energiesystem langfristig umzubauen. Aber es ist unehrlich zu behaupten, wir könnten auf kurze Sicht ohne konventionelle Energieträger auskommen“, hob der Minister hervor. Derzeit stamme noch mehr als 60 Prozent des Stroms, der in Deutschland erzeugt wird, aus konventionellen Energieträgern. „Es ist utopisch anzunehmen, dass wir alsbald aus Atomkraft und Braunkohle aussteigen können“, sagte Gerber.
Notwendig seien neben ausreichenden Netzkapazitäten vor allem bezahlbare Speicher im industriellen Großformat. „Dafür muss es Marktanreize geben“, forderte Minister Gerber. Er verwies darauf, dass die brandenburgische Landesregierung ihren Beitrag dazu leiste: „Wir arbeiten an einer Speicher-Förderrichtlinie, für die wir allerdings noch grünes Licht von der EU-Kommission brauchen.“ Noch keine ernsthafte Speicher-Alternative seien Power-to-X-Technologien, da sie noch zu unausgereift seien.
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien seien mehr Markt und mehr Wettbewerb unerlässlich. Es sei daher gut, dass das Ausschreibungsmodell mittlerweile Eingang ins Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefunden habe. „Die EEG-Umlage ist aber mittlerweile auf 24 Milliarden Euro angestiegen, in diesem Jahr werden es laut aktueller Prognosen sogar 26 Milliarden Euro sein. Das ist ein gigantischer Kostenberg, der immer schwerer auf den Schultern der Verbraucherinnen und Verbraucher lastet. Das ist unausgewogen und ungerecht. Hier gilt es dringend, Geringverdiener zu entlasten“, forderte Gerber. Es sei daher höchste Zeit, sich Gedanken über alternative Finanzierungsformen zu machen.
Sehr erleichtert sei er darüber, dass der Bundestag vor zwei Wochen das Netzentgeltmodernisierungsgesetz verabschiedet habe, so der Minister weiter: „Damit werden ab 2023 die Übertragungsnetzentgelte endlich bundesweit einheitlich sein. Dafür haben wir ostdeutschen Länder lange gekämpft.“